der blaue reiter, Ausgabe 40
ISBN: 978-3-933722-51-5
€ 16,90 (D, unverb. Preisempf.)



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der blaue reiter Ausgabe 40

 



Lachen


Philosophie und Lachen sind keine Gegensätze. Das Komische enthüllt nicht nur die vielfältigen Wirklichkeiten der Welt, sondern auch die Zerbrechlichkeit dessen, was uns als Realität erscheint. Vom Lachen zum ganz großen Ernst ist es nur ein kleiner Schritt, denn nichts kann so schlimm sein, dass man nicht noch einen Witz darüber machen könnte. Entsprechend ist das Nachdenken über Komik, Witz und Humor nicht fun, sondern eine ebenso ernste wie gewinnbringende Angelegenheit.

Aus dem Inhalt:

thema


Immanuel Kants Lieblingswitze
Ein Streifzug durch die Philosophiegeschichte des Lachens

Platon galt Lachen als Zeichen der Schwäche, wohingegen Demokrit als „der lachende Philosoph“ in die Geschichte einging. Die Aufklärer schätzten die gesundheitsfördernde Kraft des Lachens. Gelacht wurde aber auch in Zeiten der Aufklärung nicht aus Gründen der Gesundheit, sondern aufgrund von Widersinnigkeiten, die Immanuel Kant zufolge dem Verstand keine Freude machen können. Sind also Lachen und Vernunft ein Widerspruch?
Autor: Rainer Stollmann

Lachen verboten!
Worüber man trotzdem lachen muss

Wer über himmlische oder weltliche Alleinherrscher lacht, spielt mit seinem Leben, denn Gott und Diktatoren verstehen keinen Spaß. Doch gerade die Respektlosigkeit gegenüber der „natürlichen“ Autorität vermeintlicher Majestäten ist der Garant für die intellektuelle wie die wirtschaftliche Produktivität einer Kultur.
Autor: Jochen Hörisch

Über die Freiheit Witze zu machen und den Ernst der Enthusiasten
Zum miesen „Image“ des Witzes, des Spotts und der Satire in der Philosophie

Schon Platon, der heidnische Übervater der Theologen und Philosophen, hatte wenig Sinn für Humor und Gelächter. Philosophen hätten sich mit ernsten Angelegenheiten zu beschäftigen. Anthony Ashley Cooper Shaftesbury hingegen glaubte an die entlarvende Kraft des Spotts und des Lachens als beste „friedliche“ Waffe zur Entlarvung des Fanatismus.
Autor: Otto-Peter Obermeier

Misstöne
Über das absurde Gelächter der Existenzialisten

Auch wenn wir angesichts der Absurdität unserer Welt nichts zu lachen haben, hilft allein das Lachen, die unauflösliche Widersprüchlichkeit des Daseins zu ertragen. Nur lachend vermögen wir der unausweichlichen Sinnlosigkeit und Absurdität des Lebens konstruktiv zu begegnen.
Autorin: Annemarie Pieper

Zum Lachen geboren
Eine Palette des Lachens

Lachen ist mehr als nur eine Quittung für Komik, mehr als Ausdruck von Freude, Erleichterung, Aggression oder Jubel. Wenn man es in seinem Wesen erkennen und in all seinen Funktionen beurteilen will, darf man es nicht auf einen Teilbereich reduzieren, sondern muss es in all seinen Varianten als Bekundungs-, Interaktions- oder Resonanz-Lachen ins Auge fassen und systematisch geordnet auf einer Palette des Lachens platzieren.
Autor: Lenz Prütting

Schweben im Widerspruch
Lachend steht man über sich und der Welt

Jenseits polternder Leichtfertigkeit oder zynischer Herablassung ist das Lachen eine spezifisch menschliche Ausdrucksform, eine Fähigkeit der sich zur Freiheit durchringenden menschlichen Individualität. Es bringt die Fähigkeit des Verstandes zum Ausdruck, sich mittels der Vernunft über die Widersprüchlichkeiten des Lebens zu erheben.
Autor: Renatus Ziegler

Platzhalter des Neuen
Henri Bergsons Philosophie des Lachens

Zeige mir, worüber du lachst, und ich verrate dir, ob du meinesgleichen bist. Denn nichts verbindet uns so ungezwungen wie das gemeinsame Lachen: über die Ungeschicklichkeit des Gutmeinenden, über die Ironie oder über den Starrsinn. Würde ich mit der Frau, die regungslos einer amüsanten Komödie folgt, ein Gespräch über die tragischen Dinge des Lebens führen wollen?
Autor: Stefan Artmann

Wenn Götter und Menschen lachen
Über das Lachen und seine Risiken

Lachen erscheint in der griechischen Kultur der Antike nicht nur als Ausdruck ausgelassener Fröhlichkeit: Es kann als todbringende Waffe ebenso eingesetzt werden, wie es Konflikte zu befrieden vermag. In den Überlieferungen ist die Rede vom unauslöschlichen Gelächter der Götter, das deren Gemeinschaft versöhnte, wie auch vom Selbstmord eines Helden aus Angst vor lachenden Spöttern.
Autor: Martin Hose

Eine kleine Reflexion über das Lächeln
Unser Lächeln kann verachtend, aufgesetzt oder vorgetäuscht sein, geplant, berechnend oder erobernd. Manchmal ist es entwaffnend, strahlend, entzückend, manchmal zart und zurückhaltend. Keine Frage: Es gibt so viele Formen des Lächelns, dass es schwerfällt, einen gemeinsamen Grund für dieses weitverbreitete Phänomen zu nennen.
Autor: Jürgen Stenzel

Der unauslöschliche Weltenbrand des Lächerlichen
Die Wiederentdeckung der verschollenen Theorie der Komödie von Aristoteles

Worüber Umberto Eco in seinem Roman Der Name der Rose nur spekulierte, hat sich nun bewahrheitet: Das zweite Buch der Poetik von Aristoteles wurde gefunden. Auf Basis der exklusiven Erstübersetzung zentraler Passagen kann endlich die aristotelische Theorie der Komödie und des Lächerlichen rekonstruiert werden.
Autor: Klaus Erlach

Ein Witz der Evolution
Wie der Mensch zum Lachen kam

„Der Himmel hat den Menschen als Gegengewicht zu den vielen Mühseligkeiten drei Dinge gegeben: Hoffnung, Schlaf und das Lachen“, schreibt Immanuel Kant. Friedrich Nietzsche drückt es pathetischer aus: „Nur der Mensch leidet so qualvoll in seiner Welt, dass er gezwungen war, das Lachen zu erfinden.“ Und bei Viktor Frankl heißt es: „Jede Angst hat ihren Gegenspieler, nämlich den Humor.“ Bringt das Vermögen zu lachen also einen Vorteil im Rahmen der Evolution?
Autor: Rüdiger Vaas

Die verbotene Lust am Unsinn
Wie Sigmund Freud zum Witz kam

Die Psychoanalyse befasst sich vor allem mit dem Innenleben des Menschen. Erst der Vorwurf, dass seine Traumschilderungen zu witzig seien, gab Sigmund Freud den Anlass, sich mit dem zu beschäftigen, was sich zwischen zwei Menschen abspielt. Denn Witze brauchen Zuhörer.
Autor: Daniel Strassberg

Die Befreiung des Lachens von der Moral
Das unpassende Lachen und die Humanisierung einer ursprünglichen Ausdrucksform

Die Ursprünge des Lachens reichen bis tief in die Abgründe der Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Im Lachen bricht sich etwas Urwüchsiges Bahn, das unsere kulturelle Existenz in Frage stellt, unsere Domestizierung von Gewalt unterläuft und die Souveränität unseres Bewusstseins untergräbt.
Autor: Ralf Simon


umfrage
Worüber Philosophen lachen
Mit dem Mikrofon in der Redaktionssitzung


kolumne
Lachen ist gesund
Im Rückläufigen Wörterbuch findet man zehn Variationen des Lachens. Davon haben vier: belachen, hohnlachen, verlachen, auslachen, intentional negativen Charakter, zwei: kranklachen, totlachen bezeichnen psychische Extreme, drei sind positiv-kommunikativen Charakters: anlachen, zulachen, mitlachen, und eines, auflachen, erweist sich als wertneutral. Aber ist dies alles ein Gegenstand der Philosophie?
Autor: Friedrich Dieckmann


essay
Das Lachen der Täter
Ein Psychogramm der Tötungslust

Sammelt man „Belege“ für die Lust am Töten, türmt sich ein schrecklicher Tatsachenberg auf. Eine analytische Beschreibung des körperlichen Vorgangs, der sich im Lachen der Killer ausdrückt, ist kaum je versucht worden. Daher die Frage: Wie kommt es zu dieser Verkehrung einer „normalerweise“ doch Sympathie oder Teilnahme ausdrückenden menschlichen Gesichtsbewegung?
Autor: Klaus Theweleit


lexikon
Clown
Autorin: Gisela Winkler

Fun facts
Autorin:
Jutta Heinz

Lachsack
Autorin:
Monika Urbich

Lach-Yoga
Autor:
Michael Titze


unterhaltung
Bücherrätsel
Autor: Stefan Baur

Haben Sie Probleme philosophischer Art?
Das Dr. B. Reiter Team sorgt für Aufklärung!

Das Dr. B. Reiter Team beantwortet Ihre Fragen auch auf seiner > Facebook-Seite.

Die anonymen Melancholiker
Auf der Suche nach der verlorenen Mundwinkelkonstante

Ich kenne viele Menschen, die sehen einfach besser aus, wenn sie ernst schauen. Ich kenne einige, die lächeln andauernd, und ich glaube es ihnen nicht. Einige lachen echt und es klingt gespielt. Andere lachen aus, und es klingt wie Anlache. Manchem ist zum Kotzen zumute, und er lacht. Mancher findet Lachen zum Kotzen, hat aber weiß Gott Humor. Behauptet er.
Autor: Stefan Reusch


porträt
Der lächelnde Exzentriker
Helmuth Plessner im Porträt

Helmuth Plessners Philosophie ist ein Lob der zwischenmenschlichen Distanz, die nicht in Gleichgültigkeit kippt. Lachen und Weinen erachtet er für „Äußerungsformen, über die im Vollsinn der Worte nur der Mensch verfügt“. Der Philosoph der Bürgerlichkeit wendet sich gegen eine drohende Tyrannei direkter Beziehungen. Lachen und Weinen sind für ihn keine Reaktionen, sondern Antworten im gesellschaftlichen Verkehr „zwischen unverbundenen Menschen“.
Autor: Volker Schürmann


reihe ethik aktuell
Eine Frage der Haltung!
Ethik zwischen Neurowissenschaften und Philosophie

Damit Argumente Handlungsänderungen bewirken, müssen sie nicht nur geistig, sondern auch emotional überzeugen, so die Erkenntnisse der modernen Kognitions- und Neurowissenschaften. Nur da, wo wir emotional engagiert sind, werden wir aktiv. Entsprechend stellt sich für Philosophen wie Naturwissenschaftler die Frage nach der Haltung.
Autoren: Werner Theobald, Gerald Hüther