der blaue reiter, Ausgabe 20
ISBN: 978-3-933722-11-9



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Gefühle


Diese Ausgabe ist leider vergriffen.

Ein Nachdruck des Interviews mit Ernst Pöppel erfolgte in der 1. Sonderausgabe des blauen reiters > Philosophie im Gespräch.

Über Gefühle kann man rational nicht verfügen. Deshalb erscheinen sie vielen Verfechtern der reinen Vernunft als bedrohlich. So bezeichnet Chrysippos Gefühle als „Krankheiten der Seele“, für Immanuel Kant sind sie lediglich die menschliche Empfänglichkeit für Lust und Unlust, und Johann Friedrich Wilhelm Hegel schreibt mit Verweis auf die Privatheit und somit Nicht-Mitteilbarkeit der Gefühle: „Man beruft sich häufig auf sein Gefühl, wenn die Gründe ausgehen.“
Blaise Pascal hingegen gesteht Verstand und Gefühl unterschiedliche Gegenstands- und Erkenntnisbereiche zu, bei Jean-Jacques Rousseau heißt es „Die Vernunft formt den Menschen, das Gefühl leitet ihn” und für Ronald de Sousa haben Gefühle eine eigene Form der Rationalität. Die gegensätzlichen Bewertungen des Gefühls seitens der Philosophen legen den Verdacht nahe, so Bernhard Waldenfels in seinem Beitrag Das Fremde im Eigenen. Der Ursprung der Gefühle, dass man über alle Maßen verdammt beziehungsweise preist, was man vermisst.

Aus dem Inhalt:
 

thema


Die Grenze der Vernunft. Gefühlskonjunkturen in der Philosophie
Emotionen sind zentraler Bestandteil unserer Intelligenz. Alle zentralen Begriffe der Philosophie geraten ins Rutschen, wenn an die Grundunterscheidung von Vernunft und Gefühl gerührt wird.
Autorin: Hilge Landweer

Gefühle als Antennen
Ahnungen haben einen besonderen Kontakt zur Wahrheit. Gefühle sind auch Sensoren, die im Dienste unserer Sicherheit stehen. Manchmal ist es besser, auf eine mögliche Sicherheit unseres Erkennens zu verzichten.
Autor: Wolfram Hogrebe

Sind Gefühle moralisch?
Die Fähigkeit, Grundsätze für moralisches Handeln zu liefern, macht die Philosophen für die Menschheit unentbehrlich.
Autorin: Laura Benzi

Die Moral des Striptease. Anmerkungen zu einer Philosophie der Scham
Auf der Bühne kann die Tänzerin eine Diva sein, an der Stripstange ist sie nichts als Fleisch. Allein die Liebe kann die Scham überwinden.
Autor: Stefan Diebitz

Das Fremde im Eigenen. Der Ursprung der Gefühle
Im Gefühl glaubt jeder nur bei sich selbst zu sein. Wer glaubt, er sei „Herr seiner Gefühle“, vergisst seine eigene Herkunft.
Autor: Bernhard Waldenfels

Sehnsucht. Das Außer-sich-Sein der Vernunft
Sehnsucht ist das Streben der Vernunft, sich in ihrem Einssein mit dem Ewigen zu fassen. In der Sehnsucht wird der Mensch sich seiner Endlichkeit inne.
Autor: Günther Bien

Das Gefühl der Vernunft. Gefühl zwischen innerem Zustand und Offenbarung
Die letzte Instanz für das menschliche Wissen ist das Gefühl. Nur denkend und fühlend ist der Mensch ein Ganzes.
Autor: Frank Ike

Der „Scherbenberg der Gefühle“.
Die wirklichkeitsverändernde Kraft der Gefühle bei Robert Musil

Um eine gemeinsame Wirklichkeit zu gewährleisten, müssen die Gefühle ausgeschaltet werden.
Autorin: Jutta Heinz

Die Instrumentalisierung der Gefühle. Propaganda im Krieg
Kriege sind mit einer Aufrüstung der Gefühle verbunden.
Autor: Jakob Tanner

Der Tod und die Jungfer
„… Sie war eine Heilige, sagt der Priester nach langem, starrem Schweigen. Eine Heilige. Eine solche Verzückung in der Umarmung des Todes. Gott steh ihr bei.“
Autorin: Beate Rygiert

Das Gefühl für den anderen. Max Schelers Philosophie der Sympathie
Die Behauptung, die Philosophie sei gefühlsfeindlich, ist falsch. Gefühl und Verstand sprechen die gleiche Sprache. Mitgefühl ist „Mitgift alles Lebendigen“. Mitgefühl ist die Befähigung zur Sozialität.
Autorin: Anke Thyen

Kitsch oder Kant? Gefühl und Vernunft sind Partner, nicht Gegner
Eine kantische „reine Vernunft“ ohne Emotionen führt zu psychischer und sozialer Auffälligkeit.
Autor: Rüdiger Vaas


umfrage
Worauf hören Sie mehr, auf Ihr Gefühl oder auf Ihren Verstand?
Mit dem Mikrofon unterwegs war Silvia Lipski.


kolumne
Weltgefühl
Philosophie und Gefühl, das ist ein weites, allzuweites Feld; vor seinem Eingang steht die Warntafel, die Hegel in der Vorrede zur Phänomenologie des Geistes wider die gefühlsmäßige Weltbetrachtung aufgestellt hat.
Autor: Friedrich Dieckmann


interview
mit Ernst Pöppel
Gefühle – der Klebstoff des Denkens
Gefühle sind ein Indikator für die verloren gegangene Einheit von Mensch und Natur.
Emotionen sind der zeitliche Klebstoff, um die Kontinuität des Erlebens herzustellen.


essay
„Gefühl ist alles!“ Die Revolution der Gefühle im 18. Jahrhundert
Aufklärung beinhaltete immer auch das Projekt der Aufklärung der Gefühle.
Autor: Uwe C. Steiner


lexikon
Intuition
Autor: Klaus-Jürgen Grün

Verstand und Vernunft
Autor: Hans-Klaus Keul

Pantomime
Autor: Andreas Ebbert-Scholl (PAN)


unterhaltung
Bücherrätsel
Autor: Stefan Baur

Haben Sie Probleme philosophischer Art? Dr. B. Reiter sorgt für Aufklärung!
Eine unreflektierte Religiosität ist das beste Beispiel für die Nachhaltigkeit schlechter Erziehung.
Autor: Dr. B. Reiter


portrait
Baruch de Spinoza – der verhasste Philosoph. Wider die unbewussten Leidenschaften
„Der Mensch mag sich seines Triebs bewusst sein oder nicht, so bleibt doch der Trieb ein und derselbe.“ (Spinoza) Nur auf der Grundlage der Vernunft kann es Einigkeit und Frieden geben.
Autor: Dieter Birnbacher


reihe Außereuropäische Philosophie
Die Philosophie der Innerlichkeit. Zum Selbstverständnis der russischen Philosophie
Das russische Denken bewegt sich bewusst jenseits der Tyrannei der selbst ernannten Macht der reinen Vernunft. Russische Philosophie ist nicht irrationalistisch, sondern antirationalistisch.
Autoren: Alexander Litschev, Dietrich Kegler