der blaue reiter, 1. Sonderband
ISBN: 978-3-933722-18-8
€ 15,10 (D, unverb. Preisempf.)



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der blaue reiter 1. Sonderausgabe

 



Philosophie im Gespräch


Das Gespräch ist die Grundform des menschlichen Miteinanders. Nur im Gespräch entsteht die Form des Zwischen, in der Ich und Du in der Weise der Vernunft zueinander ins Verhältnis treten können. Im Interview mit dem Titel Philosophie muss die Welt zur Sprache bringen weist Klaus Giel darauf hin, dass unser Dasein ein Mitsein, ein Sein mit anderen ist. Sokrates, der gemeinhin als Meister des Gesprächs gilt, hält ein Leben ohne Selbsterforschung, sei es in Form des Selbstgesprächs der Seele oder im Gespräch mit anderen, für nicht lebenswert. Was ein philosophisches Gespräch von einem literarisch fixierten Dialog unterscheidet, ist vor allem das offene Ende. Weder sind die Denkwege vorgegeben, noch ist das Ziel der Auseinandersetzung im Vorhinein fixiert. Als Menschen sind wir miteinander im Gespräch; und zwar in einem schon immer währenden, von dem niemand sagen kann, wer und wann es begann, welche Richtung es nimmt und wann es enden wird: Philosophie ist kein abgeschlossenes Lehrgebäude, sondern eine Praxis des gemeinsamen Fragens und Suchens.
Die Interviews dieses Sonderbands belegen, jedes auf seine Weise, was ein philosophisches Leben sein kann. Klaus Giel, Walter Schulz, Aleida und Jan Assmann, Klaus Maria Brandauer, Ernst Pöppel, Jürgen Mittelstraß, Barbara Duden, Rüdiger Safranski, Odo Marquard, Reinhold Messner, Jochen Hörisch, Gernot Böhme, Udo Walz und Günther Bien – allen Gesprächspartnern gelingt das, was Klaus Giel von der Philosophie einfordert: Sie bringen Welt, je eigene Welt, zur Sprache.

Aus dem Inhalt:

interviews


Philosophie muss die Welt zur Sprache bringen

Die Schule wird für alles in Anspruch genommen, was die Gesellschaft nicht leisten kann. Wissen ist etwas Zeitenthobenes. Lebenslanges Lernen finde ich entsetzlich. Philosophie muss das Sehen lehren, sie muss die Welt zur Sprache bringen. 
der blaue reiter im Gespräch mit Klaus Giel

Die großen Fragen der Philosophie 
Man kann es bedauern, dass die großen Fragen nicht mehr im Vordergrund stehen. Aber auch wenn wir heute die Unterscheidung einer oberen und einer unteren Welt nicht mehr vornehmen können, ist das Problem doch nicht erledigt. 
der blaue reiter im Gespräch mit Walter Schulz

Ohne Gedächtnis gibt es keine Kultur
Wir untersuchen das Gedächtnis nicht als ein individuelles Vermögen, sondern als eine soziale Praxis und kulturelle Formung. Vergangenheit existiert nur in dem Maße, wie sie erinnert wird. 
der blaue reiter im Gespräch mit Aleida und Jan Assmann

Ich, das sind wir alle! 
Wenn ich „ich“ sage, dann beschäftige ich mich ausschließlich mit der Umwelt. Für mich gibt es keine Abgrenzung von etwas. Ich habe mir die Aufgabe gestellt, mich mit dem, was ich über eine Figur lese, was ich von ihr weiß oder erzählt bekomme, zu identifizieren. 
der blaue reiter im Gespräch mit Klaus Maria Brandauer

Gefühle – der Klebstoff des Denkens

Gefühle sind ein Indikator für die verloren gegangene Einheit von Mensch und Natur. In der Medizin wird die Bedeutung der Bilder, die unsere Geräte erzeugen, nicht mehr hinterfragt.
der blaue reiter im Gespräch mit Ernst Pöppel

Wer will bezweifeln, dass die Hasen vor der Tür auch ohne uns herumlaufen?
Die Philosophie muss sich wieder stärker einmischen in das Alltagsgeschäft der Universität, der Wissenschaft, ja, und auch der Gesellschaft. 
der blaue reiter im Gespräch mit Jürgen Mittelstraß

Die Ungeborenen 
Medizinethik ist ein Widerspruch in sich. Was mich interessiert, ist die Geschichtlichkeit des Wissens. Wir können über Sexualität nicht unhistorisch sprechen. 
der blaue reiter im Gespräch mit Barbara Duden

Wir müssen uns dem Bösen stellen 
Eine zivile Gesellschaft ist eine friedliche Bewirtschaftung hochgefährlicher Energien. Das Böse ist das Zufällige, das Ungeordnete, das Chaotische. 
der blaue reiter im Gespräch mit Rüdiger Safranski

Das Schöne unter den Bedingungen der modernen Welt 
Die wesentliche Zuwendung zur Wirklichkeit besteht nicht mehr im Denken, sondern in der Sinnlichkeit. 
der blaue reiter im Gespräch mit Odo Marquard

Der Grenzgang beginnt im Kopf 
Wer meint, der Mensch ist ohne Grenzen, der macht einen ganz großen Fehler. Das ganze Grenzgehen ist bestimmt von Naturgegebenheiten. Ohne die Todesgefahr gibt es keinen Grenzgang! 
der blaue reiter im Gespräch mit Reinhold Messner

Die Wut des Verstehens 
Ich denke, dass viele Interpretationen die Texte vergewaltigen. Sie geben ihnen einen Sinn, aber sie nehmen ihnen die provokativen Grundstrukturen. Wir müssten eigentlich an einem Projekt der „unreinen Vernunft“ arbeiten. 
der blaue reiter im Gespräch mit Jochen Hörisch

Natur, die wir selbst sind 
Was durch das Umweltproblem ins Bewusstsein gerückt ist, ist die Frage nach der Natur für uns, das heißt relativ zum Menschen. Und genau diese Frage wird von der Naturwissenschaft nicht beantwortet, weil sie unter dem Ziel der Objektivität steht. Was wir heute brauchen, ist eine kritische Theorie der Natur. 
der blaue reiter im Gespräch mit Gernot Böhme

Weniger ist mehr!
Jemand, der eine Botschaft hat, stellt viele in den Schatten, die nur äußerlich schön sind. 
der blaue reiter im Gespräch mit Udo Walz

Glück ist nicht das Ziel, sondern der Lohn 
Der Mensch will glücklich sein, das darf er nicht; der Mensch soll moralisch sein, das will er nicht. Wirklich glücklich kann nur derjenige sein, der möglichst selbstbestimmt das tun kann, was er eigentlich möchte.
der blaue reiter im Gespräch mit Günther Bien