der blaue reiter, Ausgabe 32
ISBN: 978-3-933722-34-8
€ 15,90 (D, unverb. Preisempf.)



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der blaue reiter Ausgabe 32

 



Freundschaft

Beziehungen im digitalen Zeitalter

Twittern, chatten, profilieren: Freundschaft hat wieder Konjunktur! In den modernen sozialen Netzwerken wie Facebook, Myspace und Google+, den World-Trade-Centern unserer mitteilungssüchtigen Zeit, wird der Wert eines User genannten Menschen in der Anzahl seiner vorgeblichen Freunde gemessen.
Doch offenbaren die ausufernden Freundschaftszahlen, der Entwertung des Geldes in
einer Krise der Wirtschaft ähnlich, nicht eher eine Weltfreundschaftskrise der modernen Gesellschaften denn ein anbrechendes Zeitalter allgemeiner Verbrüderung? Gründet der Freunde- und Kommunikationswahn auf den diversen Plattformen des Internets letztlich nicht in einer allzu menschlichen Sehnsucht, die schon Aristoteles als allein dem Menschen eignendes Charakteristikum herausstellte?

Aus dem Inhalt:

thema


Das „andere Selbst“
Freundschaftslehren in der antiken Philosophie

„Glücklich ist nur, wer auch glückliche Freunde hat“ – Aristoteles bringt einen notwendigen Zusammenhang zwischen der Freundschaft als Gut und dem gelingenden Leben zum Ausdruck, den nahezu alle antiken Philosophen in Theorie und Praxis anerkennen: „Niemand würde wählen, ohne Freunde zu leben, auch wenn er alle übrigen Güter hätte.“
Autor: Jörn Müller

„Wir werden voneinander hören…“
Freundschaft im Zeitalter des Internets

Freunde sind im Facebook-Zeitalter kein knappes Gut mehr. Aber Freunde, deren Namen man nicht im Kopf hat, sondern nur über das Adressbuch erschließen kann, sind ein Widerspruch in sich. Facebook ist ein soziales „Netz“, mit dem man Freunde fangen kann und in dem man sich genau dann verfängt, wenn das Medium selbst zum besten Freund geworden ist.
Autor: Jochen Hörisch

Freundschaft – ein überflüssiges Ideal?
Vom persönlichen Vertrauen zum Systemvertrauen

Freundschaft ist da wichtig, wo strukturelle Mängel nicht organisatorisch aufgefangen werden, in guten sozialen Systemen wird Freundschaft überflüssig. Heutzutage stellen wir von persönlichem Vertrauen auf Systemvertrauen um.
Autor: Alois Hahn

Aus nah und fern
oder: Über wachsende Schwierigkeiten bei der Erfüllung des Liebesgebots

Man findet immer weniger „seinesgleichen“, sondern nur noch und immer mehr Menschen.
Autor: Jürgen Große

„Dir stets mit Liebe zugetan“
Freundschaft als Utopie
In Facebook gehen die Freunde schnell in die Hunderte. Ganz falsch wäre es, daraus auf eine substanzielle Vermehrung der Freundschaft in unserer Gesellschaft zu schließen. Echte Freundschaft bleibt ein seltenes und hohes Gut, sie ist keine Antwort auf die Frage nach uns selbst. Sie ist, so Ernst Bloch, unter allen gesellschaftlichen Bedingungen gelebte Utopie der Menschlichkeit.
Autor: Jörg Zimmer

Wir müssen uns ineinander wiederfinden wollen
Wa(h)re Anerkennung bei Hegel, Derrida und Lévinas
Freundschaft ist Verausgabung des Selbst an den Anderen. Die Wechselseitigkeit von Anerkennung ist für Derrida und Lévinas nur mehr Bedingung, den Anderen zum Instrument der eigenen Bedürfnisse zu machen: Wahre, humane Anerkennung erfordert nicht Hinwendung, sondern eine Abwendung vom Anderen. Das „Seinlassen“ des Anderen ist die wahre Weise humaner Anerkennung.
Autor: Jan Urbich

„Lass uns Freunde sein!“
Freundschaft und Liebe im Widerstreit
Wo Liebe war, soll Freundschaft werden: Dass man am Ende einer Liebesbeziehung Freunde bleiben könne, ist ein Trugschluss des modernen Individualismus der Selbstverwirklichung – die geschlechtliche Liebe stiftet ein unvergleichlich stärkeres Band als die immer asexuell vorgestellte Zweckgemeinschaft von Freunden.
Autor: Ferdinand Fellmann

Probleme der Freundschaft
Über die Utopie einer machtfreien Beziehung
Sollte die Wiedergewinnung der Nähe in der Liebe misslingen, sind die Auswirkungen auf das Leben der Beteiligten deutlicher spürbar als bei einer Freundschaft. Ob es irgendwann gelingen kann, die Befangenheit in der Liebe mit der Unbefangenheit abzumildern, die in einer Freundschaft üblich ist?
Autor: Wilhelm Schmid

Kampfzonen des Geistes
„Freundschaft“ zwischen Intellektuellen?
Intellektuelle suchen Selbstvergewisserung nicht in gemeinschaftskonformen, sondern in subjektivistischen Ausdrucksformen. Dennoch pflegten sie nicht nur legendäre Feindschaften, sondern auch besondere Freundschaftsverhältnisse, Spiele geistiger Verbindung und Differenz. So schrieb Sartre an Camus: „Sie sind zwar höchst unausstehlich, aber doch durch den Lauf der Dinge mein Nächster.“
Autor: Thomas Jung

Roland Barthes als Freund
Die Gemeinschaft der Textfreunde
Roland Barthes erhoffte sich keine monumentale Biografie, die ihn ein für allemal fest-stellen und damit still-stellen würde, sondern einen Biografen, der im Zeichen der Freundschaft die höchst beweglichen und dynamischen Splitter eines Lebens zu einem Mobile anzuordnen wüsste, das diese LebensZeichen als immer neue Figuren des Lebens, als figurae vitae, erscheinen ließe.
Autor: Ottmar Ette

Schluss mit lustig!
Freundschaft oder Feindschaft: Was ist das Wesen des Politischen?
Der Feind ist unsere eigene Frage als Gestalt. Weh dem, der keinen Feind hat!
Aristoteles betrachtete die bürgerliche Verfassung als eine politische Ermöglichungsbedingung symmetrischer Freundschaft. Carl Schmitt definierte den politischen Bereich dagegen eher als strategischen Raum des Konflikts. Hinter allen politischen Freundschaften witterte er Feindschaft und „Betrug“.
Autor: Reinhard Mehring

Der Freund als Tor zur Welt
oder: Das Wesen der Sympathie
Um unser Wesen erkennen zu können, benötigen wir den Freund; er ist unser „zweites Ich“. Der Freund wartet nicht am Ziel, er begleitet uns. Mit ihm lernen wir, über uns selbst hinauszugehen. Max Schelers Überlegungen zu einer Ordnung in der Vielfalt unseres Wertfühlens lehren uns, die Freundschaft auch mit den Begriffen der Gegenwart neu zu verstehen und einzuordnen.
Autor: Ralf Becker


umfrage
Hat Facebook Ihre Freundschaften verändert?
Mit Laptop und Smartphone unterwegs in den Weiten des World-Wide-Web waren Anna Pegam und Ludmila Rösch.


kolumne
Der schwarze Schwan
Als Nürnberger Gymnasialrektor hat Hegel seine Schüler auch über die Freundschaft aufgeklärt; diese beruhe, so schreibt er, „auf Gleichheit der Charaktere, besonders des Interesses, ein gemeinsames Werk miteinander zu tun, nicht auf dem Vergnügen an der Person des anderen als solcher“. Für den Schulgebrauch mochte das ausreichen, für den Lebensgebrauch kaum, wo die Freundschaft ohne Sympathie, als eine Form des Vergnügens am anderen, nicht besteht.
Autor: Friedrich Dieckmann


essay
Gefühle in der Luft
Die Philosophie des Ausdrucks

Manchmal gibt es Übereinstimmungen, mit denen niemand rechnet. Man könne, so versichern der Science-Fiction-Autor Isaac Asimov und der angesehene Philosoph Hermann Schmitz einträchtig, Gefühle anderer Menschen unmittelbar wahrnehmen: Asimov zufolge dank einer Hirnoperation, die in einer fernen Zukunft möglich sein wird, Schmitz zufolge dank unserer natürlichen Fähigkeiten.
Autor: Stefan Diebitz


lexikon
Amigo
Autor: Siegfried Reusch

Pferdeflüsterer
Autorin:
Heike Baranzke

Poesiealbum
Autorin:
Jutta Heinz

Völkerfreundschaft
Autor:
Peer Pasternack


unterhaltung
Bücherrätsel
Autor: Stefan Baur

Haben Sie Probleme philosophischer Art? Dr. B. Reiter sorgt für Aufklärung!
Autor: Dr. B. Reiter

Das Band der Freundschaft
Autor: Stefan Reusch

Über den kalten Bürgerkrieg
Philosophischer Terrorismus – vierte Folge
Autor:
Wolter Seuntjens


portrait
„Weil er er war, weil ich ich war“
Freundschaft über den Tod hinaus: Michel de Montaigne

Aufgrund der Erfahrung einer leidenschaftlichen Freundschaft steht Achtsamkeit gegenüber dem Menschlichen im Mittelpunkt von Montaignes Denken. Diese Freundschaft galt ihm als einzigartig, unvergleichlich, unbegründbar.
Autor: Hans Peter Balmer


reihe
Meister Frodos Lehrjahre
Die Macht der Technik und die Kraft der Freundschaft

Wenn man mit so großer Macht ausgestattet ist, dass man ungestraft nach Belieben handeln kann, stellt sich die Frage der richtigen Lebensführung in zugespitzter Weise. Soll man trotz seiner Übermacht moralisch bleiben? Wie verhält man sich angesichts eines (scheinbar) übermächtigen Bösen?
Autor: Klaus Erlach