Jürgen Große
Durch Tag und Nacht



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Durch Tag und Nacht

 



VI. Jahrbuch für Lebensphilosophie
Albunea Verlag 2012/2013

Trotz des aphoristischen Charakters seines Vortrags und der Abgeschlossenheit der einzelnen Kapitel gibt es durchaus eine gedankliche Bewegung, die sich durch das ganze Buch durchhält. In den Eingangskapiteln schildert Große die Atmosphäre eines Dorfes, in den Schlusspassagen die einer Großstadt. Er beginnt mit Überlegungen, die die Transzendentalphilosophie eines Johann Gottlieb Fichte parodieren, und beschließt sein Buch mit eher kulturkritischen Passagen, so dass „Durch Tag und Nacht“ so etwas wie das Zur-Welt-kommen des Bewusstseins beschreibt …

Der Stil des Buches dürfte in der gegenwärtigen deutschen Philosophie einzig dastehen, denn weder handelt es sich um eine der üblichen „Rekonstruktionen“, also um die Darstellung der Gedankengänge großer Denker, noch wird naturalistisch im Gefolge einer allmächtigen Hirnforschung oder im halbmathematischen Stil der analytischen Philosophie argumentiert. Die große Tradition der Philosophie ist immer präsent, aber zitiert wird nur gelegentlich. Durchaus vorstellbar, dass dieser Autor wie weiland Ortega y Gasset ein Vergnügen daran fände, seiner Bibliothek verlustig zu gehen. Aber der Grundton ist ein ganz anderer als bei dem großen Spanier, und diese Ansammlung geschliffener, scharf zupackender Aphorismen erinnert in ihrer pessimistischen, oft gar gedrückten Grundstimmung eher an Søren Kierkegaard, vielleicht auch an Adorno oder Ernst Jünger. Insgesamt tendiert sie in jedem Fall weit mehr in Richtung Literatur als die gemeine philosophische Abhandlung unserer Tage. Schon deshalb ist es ein Buch, das Aufmerksamkeit verdient.

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20.12.2011

Im Halbstundentakt eines Kirchturmschlagwerkes folgen wir vierundzwanzig Stunden lang einem Schlaflosen, der in seinen Meditationen ein breites Ideenspektrum zum Dualismus Schlafen / Wachen abarbeitet. Ein immerwacher Wille lässt uns demnach Ziele suchen, peitscht das Bewusstsein (=Wachheit) zum Lebenszweck. Insomie ist Aggression, Leiden an Sich und Zukunftskrankheit. Da hat Schlaflosigkeit „ihren festen Platz in einer Welt, die dem Fortschritt verfallen ist.“ Der Autor streift literarische wie philosophische Quellen, die Nachtbegeisterung der Romantik ebenso wie existentielle Übermüdung „putzmunterer“ Schlipsträger unserer Tage und die asozialen Schlaflosen der Städte. Wer dem Autor folgt, muss nicht zwingend dessen Meinung teilen, wohl teilt er einen lesenswerten inneren Uhrenvergleich.