der blaue reiter, Ausgabe 53
ISBN: 978-3-933722-90-4
Preis: 17,90 € (D), 18,40 € (A)



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der blaue reiter Ausgabe 53

 



Krieg


Kein „Frieden auf Erden“!
Krieg und Gewalt sind in der Geschichte der Menschheit eher die Normalität denn die Ausnahme. Schon in der Steinzeit malten Künstler Kampfhandlungen mit Pfeil und Bogen auf Höhlenwände. 242 Kriege zählt die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung allein für die Zeit zwischen dem Zweiten Weltkrieg und 2020. Dazu kommen die Ermordung von über fünf Millionen europäischen Juden im Rahmen des Holocaust, zahlreiche Massaker an Ureinwohnern im Rahmen der Besiedlung Süd- und Nordamerikas, Völkermorde wie der an den Armeniern und und und. Wenn auch nicht alltäglich und bei weitem nicht von allen aktiv ausgeübt – es hat den Anschein, dass Gewaltsamkeit gegen Artgenossen und auch Krieg zur Natur der Spezies homo sapiens gehören. Doch es gibt auch Ausnahmen! „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ ist keine Utopie. Der Boxer Muhammad Ali und der Philosoph Bertrand Russell haben es vorgelebt.

Aus dem Inhalt:
 

thema


Was ist Krieg?
Ein Kampfbegriff unter dem philosophischen Brennglas

Im Grunde haben wir ein intuitives Verständnis davon, was wir meinen, wenn wir einen Konflikt als „Krieg“ bezeichnen. Die Bilder stehen einem sofort vor Augen: Armeen zweier Länder, Schlachten, Soldaten, schwere Waffen, Zerstörung und Tod. Doch bei genauem Hinschauen zeigt sich: Der Begriff ist im Detail alles andere als eindeutig oder klar definiert. Da die Bestimmung dessen, was Krieg ist, unmittelbare Auswirkungen für die Politik, das Recht und die Moralphilosophie hat, ist es wichtig, den Begriff genauer zu untersuchen.
Autor: Sebastian Schneider

Über Selbstüberhöhung, Kriegskunst und die Verbesserung des Menschen
Die Bibel, Hu Tzi und Machiavelli

Der Mensch neigt zur gewaltigen Selbstüberhöhung. Die Krone der Schöpfung sei er, wird uns von Priestern verkündet, und auch die Philosophen fabulieren von den überragenden Fähigkeiten der menschlichen Vernunft. Doch die religiösen und philosophischen Überhöhungsfabeln finden in der Wirklichkeit keine Bestätigung. Kriege begleiten die Menschheit und vor allem sogenannte Hochkulturen bis zum heutigen Tage mit nie erlahmender Penetranz.
Autor: Otto-Peter Obermeier

Ein ewiger Friede
Traum, Utopie oder realistische Vision?

Friede ist alles andere als selbstverständlich. Friedenszeiten werden allzu häufig unterbrochen und auch Friedensverträge allzu gern gebrochen. Aber ist Frieden, zumal ein „ewiger“, deshalb eine Illusion? Wird er auf ewig ein frommer Wunsch bleiben?
Autor: Otfried Höffe

Zwischen Notwendigkeit und Ambivalenz
Elemente einer Philosophie des Krieges aus antiker Perspektive

Der Krieg ist in der Geschichte Europas von der Antike bis in die Moderne allgegenwärtig und erscheint als ein prägendes Kulturmerkmal. Letztlich stehen alle großen historischen Entwicklungen Europas im Zusammenhang großer Kriege.
Autor: Sergiusz Kazmierski

Gibt es einen gerechten Krieg?
Immer wieder wurden Anstrengungen unternommen, Kriege zu regulieren und einzudämmen. Die Lehre vom gerechten Krieg kann als ein Versuch gesehen werden, dem Krieg moralische Fesseln anzulegen.
Autor: Thomas Zoglauer

Krieger des Wortes
Durchkommen statt umkommen, Danebenstehen statt Vorangehen

Nicht nur von nüchternen Geschichtsschreibern wissen wir über die Gründe, den Verlauf und die Verheerungen von Kriegen. In den oft autobiografisch grundierten Chroniken von Dichtern und Literaten soll der Krieg jedoch nicht das letzte Wort haben, denn die existenzielle Bedrohung des Krieges führt zur Selbstbehauptung im Schreiben.
Autor: Jan Röhnert

Der Andere, das feindliche Wesen
Über die Natur der Feindschaft bei Carl Schmitt

Mit seiner Freund-Feind-Theorie hat Carl Schmitt die Basis der Machtausübung im modernen Staat formuliert. Diese gilt unabhängig davon, ob es sich um parlamentarisch-demokratische oder um autoritär-autokratische Systeme handelt. Wer sich gegen die geltende Verfassung stellt, ist für Schmitt ein Verfassungsfeind und muss von der wehrhaften Demokratie mit allen Mitteln bekämpft werden.
Autor: Rüdiger Voigt

Intelligenzbestie oder Traumtänzer?
Bertrand Russells pazifistische Zwischenkriegsgedanken

Seit Putins Soldaten ihren Überfall auf die Ukraine in Gang gesetzt haben, stehen pazifistische Politikvorschläge im Trommelfeuer schärfster Kritik. Besonders schlagkräftig ist der Vorwurf, dass etwa die Ablehnung von Waffenlieferungen fatalerweise auf denselben Fehler hinausläuft, den britische Pazifisten der Zwischenkriegszeit angeblich gegenüber Hitlers Expansionsgelüsten gemacht haben. Aber trifft das wirklich zu?
Autor: Olaf L. Müller

Verurteilt zur Freiheit oder verurteilt zum Krieg?
Sartre über die Möglichkeit von Gewalt(losigkeit)

Gewaltsame Konflikte zwischen größeren Gruppen gab es, wie archäologische Funde belegen, bereits vor vielen Jahrtausenden, und die Zahl der kriegerischen Auseinandersetzungen hat, ungeachtet aller zivilisatorischen Fortschritte, weltweit bis in die Gegenwart keineswegs abgenommen. Dem Menschen, so scheint es, sind Aggressivität und Gewalt in die Wiege gelegt. Statt vom homo sapiens ließe sich mit ebenso großer Berechtigung vom homo bellicosus, vom kriegerischen Menschen sprechen.
Autor: Dennis Sölch

Das Verschwinden der Schlachtfelder
Über die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Kriegsgeschehens

Dass Schlachten zum Krieg gehören und mit dem Ende der entscheidenden Schlacht auch der Krieg beendet ist, galt lange Zeit als Selbstverständlichkeit. Doch mit dem Verschwinden der Schlachtfelder ist der Krieg keineswegs verschwunden – er dauert nur länger, kostet mehr zivile Opfer und entfaltet seine verheerenden Wirkungen allzu oft abseits der medialen Öffentlichkeit.
Autor: Herfried Münkler

Ist der Andere mein Feind?
Vom Imperialismus des Ich zur Verantwortung vor dem Anderen

Woher rührt die Sehnsucht des Ichs nach der Herrschaft über den Anderen, woher der Wunsch nach dessen Unterwerfung? Liegen die tieferen Ursachen des Krieges in der Konstitution des Ichs, in dessen Sehnsucht nach Dominanz über alles, was Nicht-Ich ist?
Autor: Christian Sternad


umfrage
Sind Kriege unvermeidlich?
Wären Sie bereit, für Ihr Vaterland zu sterben?

Mit dem Mikrofon unterwegs in den Straßen von Hannover war Mattis Cirksena.


kolumne
Kriegs- und Friedensfragen
Heraklit prägt sich den Zeitgenossen immer noch mit dem Hinweis ein, der Krieg sei „der Vater aller Dinge“. Aber er meinte mit dem griechischen Wort nicht den Waffengang, sondern den Streit, die Auseinandersetzung und konstatierte in einem andern Fragment, dass „der Kampf das Gemeinsame ist“ und „alles Geschehen vermittels des Streites und der Notwendigkeit erfolgt“. Doch das (falsche) Zitat verkündet immerhin eine Teilwahrheit: Der Krieg ist tatsächlich der Vater vieler Dinge.
Autor: Friedrich Dieckmann


interview
mit Margot Käßmann
Krieg ist das Ende aller Vernunft!

Es gibt eine ganze Menge Formen von gewaltfreiem Widerstand, zivilen Ungehorsam, soziale Verteidigung und anderes mehr. Für den Krieg sind vor allem die, die nicht hingehen müssen. Die Kirchen sind immer in die Irre gegangen, wenn sie Waffen gesegnet haben. Wir müssen die Religionen dazu bringen, dass sie sich verweigern, Kriege zu legitimieren. Die Kirchen der Welt sollen ihren Söhnen die Waffen aus der Hand nehmen. „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ hat eine Wahrheit.


lexikon
Deserteurin/Deserteur
Autorin:
Dagmar Borchers

Drohne
Autorin:
Gina Negelmann

Kreuzzug
Autorin:
Rebecca Wolfs


unterhaltung
Bücherrätsel
Autor: Stefan Baur

Haben Sie Probleme philosophischer Art?
Das Dr. B. Reiter Team sorgt für Aufklärung!


Der Flaggenweißer
Über Falafelkanonen und Waffen mit deutschem Migrationshintergrund

Der Friedenspassivist Stefan Reusch hat den sogenannten „Flaggenweißer“ erfunden und freigesetzt. Er wandelt all die trügerisch bunten Farben auf Landesflaggen etc., sobald diese gehisst werden, nachhaltig in strahlendes Weiß um. Der „Weißer“ wirkte erstmals auf einer Militärparade in Berlin und sorgte dort für heilvolle Verwirrung. Mittlerweile ist der Flaggenweißer überall im Einsatz und weltweit verantwortlich für viele irreversible Kapitulationsbewegungen.
Autor: Stefan Reusch

Lysistrata und die Erfindung des Sexstreiks
Es war ein Kampf zweier politischer Ideologien, oder es war ein Wettstreit zweier Großmächte um die neue Weltordnung. Die Frauen hatten nichts zu sagen dabei: „Denn der Krieg ist Männersache.“ Doch es waren die Frauen, die die Knaben geboren hatten, die nun schon seit zwanzig Jahren hingemeuchelt wurden. Von wo sollte noch Rettung kommen, wenn die berühmtesten Feldherren, die größten Redner, der gepriesene Perikles selbst dem Kriegswahnsinn anheimgefallen waren?
Autorin: Jutta Heinz


porträt
Das Erhabene im Krieg
Ernst Jünger im Porträt

Ernst Jüngers Begeisterung für den Krieg war nicht nur Produkt seiner Zeit, sondern auch Folge seiner Lektüren. Seine Vorbilder waren häufig Dichter-Krieger, die von ihren eigenen Erlebnissen und Taten geschrieben haben. Aus seinen Büchern, mit denen er das Erlebte zu verarbeiten suchte, wird allerdings schnell deutlich, dass er mit falschen Vorstellungen in den Krieg gezogen war.
Autor: Niels Penke


ethik aktuell
Gerechtigkeit für Tiere
Warum wir jetzt handeln müssen

Tiere sind weltweit bedroht. Der Mensch beherrscht die gesamte Welt: an Land, auf den Meeren und in der Luft. Kein nicht-menschliches Tier entkommt der menschlichen Herrschaft. Häufig fügt diese Herrschaft den Tieren unrechtmäßig Schaden zu: sei es durch die barbarischen Grausamkeiten der Fleischindustrie, durch Wilderei und Jagd, durch die Zerstörung von Lebensräumen, die Verschmutzung der Luft und der Meere oder die Vernachlässigung von Haustieren, welche die Menschen angeblich lieben.
Autorin: Martha Nussbaum