der blaue reiter Ausgabe 52 |
Inhalt
Glauben
Philosophie der Religion
Die wissenschaftliche Vernunft hat die Menschheit weit gebracht, aber das Menschliche erschöpft sich nicht in Rationalität. Wer den Menschen ohne jegliche Form von Religion zu denken versucht, wird immer fehlgehen. „Sinn und Geschmack für die Unendlichkeit“, wie Friedrich Schleiermacher Religion beschreibt, sind und bleiben ebenso Teil des Menschen.
Aus dem Inhalt:
thema
Religion ist Gesprächskultur
Die Herausforderungen der Religion in der gegenwärtigen Gesellschaft
„Religion“ – wie man auch immer dieses Wort verstehen mag – ist kontrovers. Während Religion für die einen eine unverzichtbare Dimension des Lebens darstellt, die der menschlichen Existenz einen Mehrwert verleiht, meinen andere, Religion sei etwas für Menschen, die noch nicht in der aufgeklärten, wissenschaftlich geprägten, technologischen Gegenwart angekommen seien. Zwischen diesen Polen findet man allerlei Positionen und Schattierungen.
Autorin: Daria Pezzoli-Olgiati
Die Sehnsucht nach dem Mehr-als-Gewöhnlichen
Die rational kalkulierenden Naturwissenschaften haben die Welt entzaubert – die alten Gottheiten, die einst für eine „schöne Welt“ voller Freude und Anmut gesorgt hatten, wurden nach Hause geschickt. Zurück blieb eine entseelte Welt mit visionslosen Gesellschaften. Religionen, die diese Leerstellen füllten, sind in ihrer traditionellen Form auf dem Rückzug, aber die treibende Kraft dahinter ist keineswegs verschwunden, sondern sucht sich andere Formen und Wege.
Autor: Koo van der Wal
Warum wir über den Gott der Bibel und des Korans nichts wissen können
Religiöser Agnostizismus und rationale Theologie
Ob es göttliche Mächte gibt oder nicht, ist letztgültig nicht beweisbar. Mittels logischer Überlegungen lässt sich lediglich zeigen, dass das, was wir mit Begriffen wie Gott oder Götter bezeichnen, für Menschen unergründlich ist. Aber nicht jede Art von Religiosität ist deshalb obsolet! Es gibt auch eine Religiosität ohne Gott.
Autor: Wolfgang Detel
Das Gottesbild in der Antike
Denkt man über die Religionen der Antike nach, stehen einem sofort die Unsterblichen des Olymps vor Augen: Der Blitze schleudernde Göttervater Zeus, Athene, die Göttin der Weisheit, Poseidon, Herrscher über die Meere, die treffsichere Göttin der Jagd Artemis oder der Kriegsgott Ares. Doch die Theologie der Antike hat weitaus mehr zu bieten als die berühmten Geschichten der überlieferten Mythologie von den Liebschaften und Eifersüchteleien unter den Göttern sowie denen zwischen Göttern und Menschen.
Autor: Arbogast Schmitt
Vernünftig glauben
Argumente für die Religion
Im Bereich des Religiösen meint Vernunft, sich der Eigenheiten der religiösen Rede bewusst zu sein: dem Sprechen in Bildern, Symbolen und Gleichnissen. Nur in diesem Sinne kann sie ihren drei zentralen Aufgaben gerecht werden: Halt zu geben, Sinn zu stiften und Werte zu vermitteln.
Autor: Martin Krieger
Als Religionen und Kirchen infrage gestellt wurden
Religionskritik bei Voltaire, Feuerbach, Marx und Nietzsche
Vor allem Offenbarungsreligionen erheben den Anspruch, die gesellschaftlichen Wertvorstellungen nicht nur ihrer Mitglieder zu bestimmen, sondern auch die für Nicht- oder Andersgläubige. Die Sitte, also das, was im gesellschaftlichen Umgang schicklich ist, müsse aus den heiligen Schriften abgeleitet werden. Die Kritik an diesem Vorrecht der christlichen Religionen erreichte im 18. Jahrhundert, in der Zeit der sogenannten Aufklärung, einen ersten Höhepunkt.
Autor: Rudolf Lüthe
Moral ohne Gott?
Die Frage des Glaubens bei Kant
Die Regelung dessen, was als moralisch und schicklich gilt, ist gemeinhin eine Domäne der Religionen. Deren Vertreter versuchen zum Beispiel, Kleidervorschriften oder Regeln für die Beziehungen der Geschlechter untereinander aus ihren jeweiligen heiligen Texten abzuleiten. Aber lassen sich Sitte und Anstand nicht auch anders begründen als mit Verweis auf jenseitige Mächte? Kann es nicht auch Ethik ohne Gott und Moral ohne Religion geben?
Autor: Gottfried Gabriel
Ein Teufel, viele Gesichter
Der Stammbaum einer altbekannten Figur
Ein Engel, der mit flammenden Flügeln vom Himmel stürzt: Einst war er Gottes Liebling, bevor er hochmütig gegen seinen Herrn wurde und selbst gottgleiche Macht für sich beanspruchte. Zur Strafe für seinen Stolz und seinen Ungehorsam wurde er aus dem Himmel und aus der Gemeinschaft der Engel verbannt. Seither ist er der Herr der Hölle. Auch auf der Erde geht er umher, um die Menschen in Versuchung zu führen und das Böse in ihnen zum Vorschein zu bringen.
Autorin: Rebecca Wolfs
Was ist „Religion“ in matriarchalen Gesellschaften?
Matriarchale Gesellschaften ersetzen nicht einfach den Vatergott des Patriarchats durch eine Muttergöttin. Matriarchate sind auch keine von Frauen dominierten Herrschaftssysteme, sondern egalitäre Gesellschaften. Entsprechend ist auch „Religion“ im herkömmlichen Sinn kein passender Begriff für die matriarchalen Glaubensvorstellungen.
Autorin: Heide Göttner-Abendroth
Spießrutenlaufen
Von der Verantwortung und dem Risiko des Glaubens
Sucht man nach einer klaren Antwort auf die Frage, wie es die sogenannten Pragmatisten mit Religion und Glauben halten, so wird man nicht fündig. Unter dem Dach dieser ersten genuin US-amerikanischen Philosophie, die sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts formiert hat, finden sich vielstimmige Positionierungen gegenüber den sogenannten letzten Dingen.
Autorin: Ana Honnacker
Sind Religionen Illusionen?
Religionen werden im emotionalen Schoß unserer Ängste, Hoffnungen und der hieraus resultierenden Wünsche gezeugt, denn Vernunft ist nur die Tünche unserer unbewussten Wünsche und Verklemmungen. Entsprechend waren sowohl die polytheistischen als auch die monotheistischen Religionen immer mit dem Vorwurf konfrontiert, sie wären nichts anderes als von Menschen erdachte Märchen, Phantasmen und Illusionen. Aber kann man auch ohne Religion leben?
Autor: Otto-Peter Obermeier
Das Absolute – der Gott der Philosophen?
Das Absolute wird in der Regel als das alles Begründende beziehungsweise als höchstes Ganzes verstanden. Doch lässt sich das Absolute überhaupt philosophisch fassen? Wie wurde das Absolute im Laufe der Geschichte verstanden? Und kann das Absolute gleichgesetzt werden mit Gott?
Autor: Jan Urbich
umfrage
Was ist Religion?
Was ist Transzendenz?
Was bedeutet Glaube?
Mit dem Mikrofon unterwegs waren Martin Krieger im Rahmen seines Unterrichts in den Fächern Religion und Philosophie an der Oberstufe zweier Gymnasien in Frankfurt am Main und Thomas Vogler auf Stuttgarts Straßen.
kolumne
Die Klage der Ceres
Der Mensch ist das einzige Lebewesen, dessen Anschauung sich über das Lebensnotwendige hinaus zu erheben vermag. Aus dieser Sonderstellung des Menschen entwickelten sich die Wissenschaften wie die Religionen. Doch mit der Frage nach dem Urgrund des Seins treten wir aus der Sphäre der Wissenschaften heraus. Denn an Gott wie an den Urknall kann man die Frage nach der Kausalität nur in eine Richtung stellen.
Autor: Friedrich Dieckmann
essay
Das Zeitalter des Glaubens
Die Menschheit hat nicht immer im Zeitalter des Glaubens gelebt. Die Ursprünge des Glaubens liegen in der prophetischen Bewegung Israels und dem Frühen Judentum. Was wir heute landläufig unter „Religion“ verstehen, bezieht sich auf die damals entstandene Form und Begrifflichkeit einer Beziehung zwischen Gott, Mensch und Welt.
Autor: Jan Assmann
lexikon
Engel
Autorin: Jutta Heinz
Scheiterhaufen
Autor: Ronald Füssel
Selbstmordattentäter
Autor: Thorsten Hoffmann
Spaghettimonster, Das Fliegende
Autorin: Daniela Wakonigg
Unsterblichkeit
Autor: Sebastian Gäb
unterhaltung
Bücherrätsel
Autor: Stefan Baur
Wortglauberei
Es gibt die, die an gar nix glauben, und die, die auf Wallfahrten gehen, auf Knien rutschen und Statuen küssen. Und wenn sie sich in die Luft sprengen – auch okay, solang niemand in Mitleidenschaft gezogen wird. Die dürfen alle glauben, dass es was nutzt. Auch wenn das ein Wunder wäre. Ein Zeichen. Von wem auch immer. Hauptsache von oben. Einzuwenden wäre: Was von oben kommt, wird hienieden zwangsläufig zu etwas Heruntergekommenem.
Autor: Stefan Reusch
Haben Sie Probleme philosophischer Art?
Das Dr. B. Reiter Team sorgt für Aufklärung!
porträt
„Der Mensch will die ganze Wahrheit“
Edith Stein im Porträt
Die jüdische Ordensfrau Edith Stein, 1942 in Auschwitz umgebracht, verbindet jüdische Bibeltreue, christliche Philosophie und moderne Weltsicht. Sie erscheint ebenso radikal in ihrem Zweifel wie in ihrer Wahrheitssuche, ebenso konsequent im Entschluss, sich dem christlichen Gott in die Arme zu werfen, wie in der Liebe zu ihrem verfolgten jüdischen Volk.
Autor: Christian Feldmann