der blaue reiter, Ausgabe 14
ISBN: 978-3-933722-04-1
€ 15,10 (D, unverb. Preisempf.)



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der blaue reiter Ausgabe 14

 



Glück


Das Streben nach Glück ist so alt wie die Menschheit. Oft in Verbindung gebracht mit der Sinnerfüllung des Lebens, wird Glück, gleichwohl es dem Sprichwort folgend auch auf der Straße zu finden ist, als höchstes Gut und Ziel allen Handelns angesehen. Doch schon Rousseau schrieb: "Jeder Mensch will glücklich werden; um aber das Ziel zu erreichen, müsste er zunächst wissen, was das Glück eigentlich sei." Die Hinwendung der Philosophie zu Themen wie Glück und gelingendem Leben beginnt, wo das Zutrauen schwindet, dass Glück und Unglück Gaben beziehungsweise Heimsuchungen der Götter (oder eines Gottes) seien.

Aus dem Inhalt:

thema


Unglück für Anfänger und Profis. Eine Anleitung
„Jeder ist seines Glückes Schmied“, weiß der Volksmund, und an Ratgebern, die dem Glückssucher hilfreich zur Seite stehen, mangelt es nicht. Doch auch das eigene Unglück darf man nicht dem Zufall überlassen, wenn es gelingen und auch höheren Ansprüchen genügen soll.
Autor: Stefan Gammel

Glückstheorien der Antike: Aristoteles, Epikur, Stoa
Antike vorchristliche Glückstheorien vertrauten auf die Kraft des Menschen, durch Bildung und Selbstbildung Einstellungen zu erwerben, die ihn zu einem glücklichen Leben befähigen. Auch wenn diese Theorien einen Weg zum Glück skizzierten, der im Prinzip für viele gangbar sein sollte, so war jenen, die ihn einschlugen, klar, dass die Praxis schwer und die Verwirklichung des Ziels nur wenigen vorbehalten bleiben würde.
Autor: Maximilian Forschner

Verdammt zum Glück
Das Glück, die uralte Sehnsucht des Menschen, hat sich in der modernen Welt gewandelt: von der flüchtigen Fortuna und paradiesischer Glückseligkeit zum unerbittlichen Schergen, der uns mit goldener Peitsche über die Rennbahn des Lebens zu immer neuen Höchstleistungen treibt.
Autor: Pascal Bruckner

Sisyphos im Glück
Die Stunde, in der Sisyphos zu seiner Qual hinuntergeht, deren Ende er nicht kennt, ist die Stunde des Bewusstseins und der Verachtung. Sisyphos schafft sich seine eigene Welt, in der er zu Hause ist und um die sich alles dreht. Das Bild einer anderen, jenseitigen Welt, in welcher der Stein oben liegen bleibt, verblasst. Sie ist gar nicht mehr erstrebenswert, weil in ihr die Bewegung zum Stillstand kommt und der Mensch nicht mehr herausgefordert ist, Sinn zu stiften: „Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“ (Albert Camus)
Autorin: Annemarie Pieper

Das Glück des Todes. E. M. Cioran. Der Advokat des Scheiterns
„Da Glück und Unglück Übel der beinahe gleichen Art sind, ist das einzige Mittel, sie zu vermeiden, sich außerhalb von allem zu stellen.“ „Ich habe nie die Empfindung von Erfülltheit, von echtem Glück verspürt, ohne zu denken, nun sei es Zeit, sich für immer zu drücken.“ (E. M. Cioran)
Autor: Thomas Knoefel

Jenseits des Glücks. Lebenskunst im Anschluss an Nietzsche
Nietzsche strebt nicht nach Glück, sondern danach, seinem Leben eine schöne Gestalt zu geben … Jeder denkt über sein Leben nach, aber Nietzsche will sein Leben so führen, dass er etwas daran zu denken bekommt. Ein gelingendes Leben gibt es nach Nietzsche nur unter Schmerzen.
Autor: Rüdiger Safranski

In Sichtweite der anderen – Das Glück des Desperados
Als der große Billy the Kid am Ende seines Lebens in ganz Texas verfolgt wurde, flehten ihn viele seiner Freunde an, über die Grenze nach Mexiko zu flüchten. Doch für Billy the Kid kam eine Flucht über die Landesgrenze nicht in Frage: Der Desperado des Wilden Westens – wie der aller anderen Zeiten – braucht für sein Glück und sein Selbstwertgefühl die Nähe der Zivilisation, die ihn ausgestoßen hat…
Autor: Benjamin Hembus

„Glück“ als Narkosevorgang
Geistige Tätigkeit ist selbstnarkotisierend. Die vermeintliche Positivität des Glücks ist Produkt des Gedächtnisses. Glück wird nie erlebt, sondern immer nur erinnert. Scheinbar erlebtes Glück ist lediglich ein Rückgang der Intensität von Schmerzzuständen, der uns Erleichterung verschafft. Ist aber jeglicher Schmerz in die Verbannung getrieben, bleibt nichts als Langeweile.
Autor: Alexander Brabandt

Glück und Faulheit
Glück und Faulheit wurzeln vorgeblich im Paradies. Doch gleichgültig, ob das Paradies theologisch abgesichert, zum Urparadies der nicht arbeitenden Arbeiter und Bauern säkularisiert oder als märchenhaftes Schlaraffenland trivialisiert wird – zahlreiche Heilsgeschichten menschlicher Seins- und Selbstbestimmung beginnen mit einer Arbeitsmoral, die Faulheit bekämpft. Nach dem Genuss der verbotenen Frucht ist die unermüdliche Naturbeherrschung zur göttlich verordneten Überlebensfrage einer Menschheit geworden, die Faulheit mit dem Ausschluss aus der Gemeinschaft bestraft: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.
Autor: Goedart Palm

Glück als Ernst des Lebens
Das moralische Leben ist immer glücklich und das wahrhaft glückliche auch immer moralisch. Heute findet sich der Glücksdiskurs in der Popmusik, den Fernsehserien und der Werbung – nur mit Preisschildern versehen und häufig im Sonderangebot.
Autorin: Regina Ammicht Quinn

Noch ganz bei Trost?! Philosophie als Heilmittel für Unglückliche
Das Zahnweh kann die Philosophie sicher nicht heilen, aber wer sich mit ihr beschäftigt, wird wenigstens nicht völlig unvorbereitet davon überrascht.
Es ist kein Zufall, dass die meisten Trostbücher nicht für den Not Leidenden selbst, sondern für den Tröstenden geschrieben wurden.
Autor: Björn Reich

Pech gehabt!
Jeder redet vom Glück – doch eine philosophische Auseinandersetzung mit Pech, das den meisten Menschen öfter zu widerfahren scheint als Glück, fehlt in fast allen klassischen Werken der Philosophie. Selbst die modisch gewordenen Bücher über die Philosophie(n) der Lebenskunst drücken sich auffällig vor dem Pech.
Autor: Rüdiger Vaas


umfrage
Was ist Glück?
Mit dem Mikrofon unterwegs waren Monika Reutter und Stefan Schüle.


interview
mit Günther Bien
Glück ist nicht das Ziel, sondern der Lohn…
Der Mensch will glücklich sein, das darf er nicht; der Mensch soll moralisch sein, das will er nicht. Immer „happy“ zu sein ist eine Überforderung, die sich nur mehr in der Gesichtsmuskulatur niederschlägt. Beglückend sind immer die Tätigkeiten, die den Zweck in sich selbst tragen, deshalb kann wirklich glücklich nur derjenige sein, der möglichst selbstbestimmt das tun kann, was er eigentlich möchte. Selbstbestimmung ist eine ganz große Chance, aber für viele Leute auch eine Überforderung.


kolumne
Der Instantlottoglückspillenpfennig
Ein Märchen aus der fundamentalen Unterhaltungsindustrie, handelnd zum Nutzen und Frommen der Zuschauer vom innigen Grimm zweier Brüder.
Autor: Ingo Anhenn


lexikon
Happy End
Autorin:
Ruth Ayaß

Sprachphilosophie
Autor: Thomas Lange


unterhaltung
Bücherrätsel
Autor: Stefan Baur

Haben Sie Probleme philosophischer Art? Dr. B. Reiter sorgt für Aufklärung!
Philosophie ist der Versuch, das Unsagbare in Worte zu fassen!
Autor: Dr. B. Reiter

Philosophie im Haushalt. Das Rechtschreibprogramm 
„… ist das Ansinnen des Rechtschreibprogramms, Hans Georg Gadamer durch Kadaver zu ersetzen, eine durch nichts zu entschuldigende Beleidigung…“
Autor: Dr. B. Reiter

Die Philosophie des Biers 
Einst nahm ein Philosophieprofessor ein großes leeres Glas ...
gefunden von: Nina Blazon


portrait
Herbert Marcuses Vision von der Befreiung des Glücks
Wo Kultur beginnt, wird das Glück in Ketten gelegt. Nur wenn wir wahre Bedürfnisse von falschen unterscheiden können, gibt es wahres Glück. Nicht technologische Krücken, sondern erotisiertes Glück und Vernunft waren Marcuses Vision. In der Fantasie sieht er die Quelle der „großen Weigerung“, sie weigert sich schlichtweg, die Realität dieser Gesellschaft als endgültig anzuerkennen.
Autor: Otto-Peter Obermeier


reihe Außereuropäische Philosophie
Die Philosophie der Kurve. Architektur und Utopie bei Oscar Niemeyer
Die Idee einer „Stadt der Zukunft“ ist ein uralter Traum der Menschheit. Die Philosophie träumt ihn seit ihren Anfängen. Mit Platon erhält die ideale Polis, das imaginäre Niemandsland, einen festen Platz in der Geistesgeschichte. Ob Platons Philosophenstadt allerdings als philosophische Träumerei, unrealistischer Gegenentwurf oder als ernst gemeinte Anleitung für die neue Gesellschaft verstanden werden muss, ist bis heute strittig. 
Autor: Karlfriedrich Herb