Richard Hartwell: Bewitched Words
(Behexte Worte), 1982
Aquarell und Bleistift, 71 x 51 cm

der blaue reiter Ausgabe 9

 



Richard Hartwell

„Abbildungen erzeugen eigene Welten“
ist seit den 70er Jahren ein Leitspruch für meine Arbeit. Die verschiedenen Arbeitskomplexe
der 70er Jahre, wie zum Beispiel „Newspaper“, „Collections“, „Kreaturen des Alptraumes“ und „Family Albums“, setzen sich kritisch mit visuellen Präsentationsformen, verschiedenen Bildsprachen, Informationsverschlüsselungen und den gesellschaftlichen Einflüssen der Massenmedien auseinander. Für die Zyklen der „Bilderzählungen“, die nach 1984 entstanden, fand ich Inspiration in Volkserzählungen, Märchen und Mythen.
Daraus entwickelte sich eine Beschäftigung mit der breitgefächerten, komplexen Präsenz von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in unserer Zeit. In einem Geflecht übereinander gelagerter Schichten aus modernen wissenschaftlichen und kulturgeschichtlichen Motiven entstehen Metamorphosen der Bildelemente und Vermischungen der Bildsprachen. Die dadurch nur stufenweise wahrgenommenen Motive bilden ein Assoziationsfeld, mit dem der Betrachter aufgefordert wird, sich auseinanderzusetzen. Auf, hinter und vor den Bildflächen,
im illusorischen oder realen Raum, steht der Mensch mit seinen bis zu archaischen Zeiten zurückreichenden Bildwelten im Mittelpunkt – zwischen Magie und Rationalität, Ritual und Technologie.

Zur Abbildung:

In vergangenen Zeiten hefteten sich Zeitungsjungen Zeitungsauschnitte auf ihre Jacken. Dieser nicht mehr ausgeübte Brauch entstammte einer uralten Form der Hexerei. Man glaubte, daß die ausgetragenen Zeitungen Wörter enthielten, die eine Gefahr für den Austräger bargen. Die entsprechenden Wörter wurden ausgeschnitten, mit Nadeln durchbohrt und zur Schau gestellt, um ihre Macht unwirksam zu machen.