Jubiläum


25 Jahre „der blaue reiter“  

Stefan Diebitz


Was bekommt ein Autor philosophischer Bücher oder Essays von seinen potentiellen Lesern als Begründung zu hören, warum sie seine Arbeiten lieber gar nicht erst zu lesen anfangen wollen? „Das ist mir zu hoch.“ – „Das verstehe ich doch nicht!“ – und dergleichen faule Ausreden mehr. Man rechnet damit, daß die Selbstverkleinerung (die natürlich nicht ernst gemeint ist – man hält das alles für Quatsch, möchte sich aber so direkt nun doch wieder nicht ausdrücken) – daß also eine augenzwinkernde Selbstverkleinerung davor schützt, vom Autor so furchtbar überflüssiger Bücher in die Pflicht genommen zu werden.
Überflüssig ist Philosophie ganz gewiß immer, und vielleicht ist sie gelegentlich auch etwas schwierig. Denn zweifellos ist es vorgekommen, daß große Denker sich gar nicht erst die Mühe gaben, verständlich zu schreiben, oder daß weniger große Denker ihre einzige Chance darin sahen (oder sehen...), unverstanden zu bleiben. („Heute morgen habe ich etwas geschrieben, das selbst ich nicht verstanden habe“, soll mal einer gesagt haben, der sehr große Stücke auf sich selbst hielt, worin ich ihm aber nicht so recht folgen mag.)
Manchmal auch ist ein Kapitel deshalb so schwierig, weil der Denker – ich denke an einen wirklich großen Philosophen wie zum Beispiel Immanuel Kant – das Problem trotz jahrzehntelanger Anstrengung nicht zu lösen vermochte. So drückte er sich etwas dunkel aus, litt aber wahrscheinlich mehr darunter als seine Leser.
Heißt das, daß Philosophie immer schwierig, gar unverständlich ist? Aber mitnichten! Vieles, sehr vieles kann man sehr wohl verständlich ausdrücken und hat es auch immer wieder getan, was ja nicht unbedingt bedeutet, daß der Leser es auch umstandslos versteht – gelegentlich ist ein wenig Nachdenken vielleicht nicht zu viel verlangt. Und ist das wirklich so schlimm?
Was ich also dem blauen reiter wünsche? Autoren, die schreiben und denken können (oder umgekehrt), und Leser, die keine faulen Säcke sind, die sich mit der immer gleichen Ausrede vor der Anstrengung des Nachdenkens drücken.