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Richard Reschika / Keuchenius (Zeichnungen)

 



Nietzsches Bestiarium. 
Der Mensch – das wahnwitzige Tier


Der Streifzug durch Nietzsches originäres „Bestiarium” führt mitten ins Herz seiner bahnbrechenden Philosophie, seiner scharfen Kultur- und Zivilisationskritik, die bis heute nichts an Brisanz eingebüßt hat.
Friedrich Nietzsches (1844–1900) philosophisch-poetischer, dem rein abstrakten, begrifflichen Denken feindlicher Kosmos wird von einer Unzahl von Tieren bevölkert, die dem Menschen als natürlicher Spiegel seiner vermeintlichen Tugenden und Laster dienen. Bemerkenswerterweise knüpft der Dichterphilosoph dabei jedoch nicht nur an die tradierte antike und christliche Tiersymbolik des Abendlandes an, wie sie in den so genannten Bestiarien, den mittelalterlichen allegorischen Tierbüchern, übermittelt wurde. Er nimmt vielmehr bewusst provokative Umwertungen vor, kreiert gleichsam seine eigene animalische Ikonografie.
Ausgewählten Aphorismen Nietzsches werden im Bildteil des Bands Portraits berühmter Persönlichkeiten der Geistes- und Zeitgeschichte gegenübergestellt. So zeichnete der Künstler Keuchenius zum Beispiel ein Portrait von Arthur Schopenhauer zum Aphorismus: „Ein Leichnam ist für den Wurm ein schöner Gedanke und der Wurm ein schrecklicher für jedes Lebendige. Würmer träumen sich ihr Himmelreich in einem fetten Körper, Philosophieprofessoren im Zerwühlen Schopenhauerischer Eingeweide, und so lange es Nagethiere giebt, gab es auch einen Nagethierhimmel.“
Einem Portrait Marcel Reich-Ranickis wurde folgender Aphorismus gegenüber gestellt: „Zu Gunsten der Kritiker. – Die Insecten stechen, nicht aus Bosheit, sondern weil sie auch leben wollen: ebenso unsere Kritiker; sie wollen unser Blut, nicht unsern Schmerz.“