der blaue reiter, Ausgabe 11
ISBN: 978-3-933722-01-0
€ 15,10 (D, unverb. Preisempf.)



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der blaue reiter Ausgabe 11

 



Geld


Ursprünglich war Geld, zum Beispiel als Edelmetallmünze, noch ein Wert zu eigen. Die an sich wertlosen Geldscheine waren durch Goldrücklagen der Zentralbanken gedeckt. Erst die Erfindung des Geldes als abstraktes Tauschäquivalent für Waren und Dienstleistungen macht das möglich, was wir heute als Globalisierung bezeichnen. Doch mit dem modernen Geld kam der Geldhandel, kamen Inflation und Wirtschaftskrisen. Gründe genug, die Frage zu stellen, ob Geld die Welt bereichert, beziehungsweise der Frage nach dem Geld philosophisch auf den Grund zu gehen.

Aus dem Inhalt:

thema


Die selbst verzehrende Kraft des Geldes. Der Mythos von Erysichthon

Wir müssen die Wirkungsweise des Geldes so verändern, dass sie in den Dienst der Einsparung von natürlichen Ressourcen gestellt wird.
Autor: Hans Christoph Binswanger

Konversionen – Ver-Wandlungen von Glaube, Geld und Daten
„Konversion“, „konvertieren“ und „konvertibel“ sind ebenso präzise wie kontextsensible Worte. Sie demonstrieren an sich selbst das Problem, das sie bezeichnen. Wandeln – konvertieren – diese Worte doch ihre Bedeutung je nach den Umständen, von denen sie handeln, ganz erheblich. Friedrich Schlegel ist vom Protestantismus zum Katholizismus konvertiert. Die Mark der DDR war auf den Devisenmärkten nicht frei konvertibel. Kannst du mal die Word-2-Diskette in Word für Windows 98 konvertieren? – Drei Sätze, die ganz offenbar unterschiedlichsten historischen, kulturellen und funktionalen Formationen zugehören.
Autor: Jochen Hörisch

Geld verklebt die Welt
Der eigentümliche Charakter des Geldes besteht darin, die Dinge derart zu verwandeln, dass sie spielbar werden. Geld ist konkreter als sinnlich vermittelte Eindrücke.
Autor: Frank Augustin

Und alle anderen halten still: Zur Soziologie der Medien am Beispiel des Geldes
Geld ist ein Medium der Kommunikation. Und letztlich geht es beim Geld immer um die Frage, wie ich andere dazu bringen kann stillzuhalten, also nichts zu tun, während ich meine Bedürfnisse befriedige.
Autor: Dirk Baecker

Geld ohne Zinsen und Inflation
Zinsen ermöglichen leistungslose Einkommen. Sie bedeuten einen Zwang zum Wirtschaftswachstum und führen zu einer Verschärfung der ungleichen Einkommensverteilung. Würde der Zins durch eine Umlaufgebühr ersetzt, könnten die meisten von uns ihre Einkünfte fast verdoppeln.
Autorin: Margit Kennedy

Geld regiert die Welt – oder? Geldsysteme, Werte und soziale Beziehungen
„Wirtschaftswissenschaft ohne Berück­sichtigung der Psychologie ist wie wenn man Technik betreibt, ohne die Gesetze der Physik zu beachten.“ (Wesley Clair Mitchell)
Autor: Bernard Lietaer

Die kultivierende Kraft des Geldes
Geld entlastet die Gesellschaft von Menschlichkeiten wie Hass und Gewalt. Man kann leicht zeigen, dass sich Zivilität und Urbanität unserer Kultur der Geldwirtschaft verdanken. Wo Geld die Welt regiert, herrschen eben nicht fanatische Ideologie und blutige Gewalt.
Autor: Norbert Bolz

Armut setzt frei. Zur Begründung von Freiheit bei Meister Eckhart
Die Menschen sind nicht wirklich arm, solange sie nicht auch von ihrem Wollen, Wissen und Haben Abschied genommen haben.
Autor: Rolf Siller

Die „Verrücktheit“ des Geldes aus der Perspektive der Marx’schen Analyse des „Geldfetischs“
„Jeder kann Geld als Geld brauchen, ohne zu wissen, was Geld ist.“ (Karl Marx)
Autor: Hans-Georg Backhaus

Provokation aus der Tonne. Die Werte des Diogenes von Sinope
Die Armut ist eine unterrichtende Helferin der Philosophie. Der Arzt muss Schmerzen verursachen, um zu heilen; genauso muss der Philosoph die Seele verletzen, um bei seinem Opfer das Denken zu provozieren.
Autor: Thomas Lange

Wenn der Geist zu Fuß geht. Eine Polemik
Geld kann sich keine Gesinnung leisten. Das Spezifikum des Geldes ist seine Charakterlosigkeit – non olet: es stinkt nicht.
Autor: Otto-Peter Obermeier


umfrage
Was ist Geld?
Mit dem Mikrofon unterwegs waren Ute Friesen, Monika Reutter und Stefan Schüle.


interviews
mit Jean Ziegler 
Die tödliche Gier nach Geld 
Letztes Jahr haben 13 Prozent der Weltbevölkerung über 85 Prozent aller produzierten Güter und Dienstleistungen konsumiert. Ein Händler an der Börse ist einem Alchimisten im Mittelalter vergleichbar, nur macht er nicht aus Blei Gold, sondern aus Luft Geld. Heute gibt es kein Geld mehr – es materialisiert sich ja nicht in etwas, was man Geld nennen könnte.

und

Helmut Schieber 
Geld ist Vertrauen 
Tolstoi sah im Geld eine neue Form der Sklaverei. Dostojewski hingegen bezeichnete Geld als geprägte Freiheit. Wenn Sie glauben, Sie könnten heute die Geld- und Kapitalflüsse noch kontrollieren, dann sind Sie fürchterlich auf dem Holzweg.


der einspalter
Das höchste Gut und das Geld
Das Glück ist letzter Zweck und letztes Ziel menschlicher Tätigkeit. Allerdings steht es nicht einfach am Ende einer langen Reihe von Gütern, die man tagtäglich hervorbringt. Es ist nicht in der gleichen Weise zu schaffen und zu halten. Das Glück ist energeia, eine Kraft oder ein Moment, das die alltäglichen Verrichtungen trägt. Es hält sie im Spiel; es bringt sie zusammen; es verleiht ihnen ihre „Güte“.
Autor: Udo Grün


kolumne
Die Welt als Geld und Vorstellung
„Geld regiert die Welt“ weiß der Volksmund, und gebannt starren wir auf die verglasten Paläste in Frankfurt, New York oder anderswo. Doch zeigen uns die Fassaden kein transparentes System, sie sind verspiegelt.
Autor:
Thomas Lange


essay

„Der Einzige und sein Eigentum“. Max Stirners Philosophie des Egoismus
Will man dem Bonmot Glauben schenken, dass der größte Egoist jener sei, dem noch nie in den Sinn gekommen ist, dass er einer sein könnte, müßte man den Verfasser folgender Zeilen auf der Stelle rehabilitieren, ihn vom unerhörten Vorwurf, die Inkarnation des Egoismus selbst zu sein, lossprechen: „Ich hab’ Mein’ Sach’ auf Nichts gestellt … Das Göttliche ist Gottes Sache, das Menschliche Sache ,des Menschen‘. Meine Sache ist weder das Göttliche noch das Menschliche, ist nicht das Wahre, Gute, Rechte, Freie usw., sondern allein das Meinige, und sie ist keine allgemeine, sondern ist – einzig, wie Ich einzig bin. Mir geht nichts über Mich!“
Autor: Richard Reschika


lexikon
Gabe/Geschenk
Autor: Gottfried Bräuer

Zins, Wucher und Zinsverbote
Autor: Volker Nienhaus


unterhaltung
Bücherrätsel
Autor: Stefan Baur

Haben Sie Probleme philosophischer Art? Dr. B. Reiter sorgt für Aufklärung!
Die Ethik ist wie die Metaphysik ein Teilgebiet der Theologie: reine Glaubenssache! Einziger Lichtblick: Wo geredet wird, wird (noch) nicht geschossen!
Autor: Dr. B. Reiter


portrait
Adam Smith – Wohlstand und Moral
Wohltätigkeit war für Adam Smith nicht bloß eine Sache des Herzens, sondern auch der Hände. Im Alter von 67 Jahren, am 17. Juli 1790, starb Smith. Angesichts seines stattlichen Einkommens war, zur Enttäuschung der Verwandten, das vorhandene Vermögen recht bescheiden. Was Freunde schon seit langem vermutet hatten, war nun zur Gewissheit geworden: Smith hatte einen Großteil seines Geldes an Bedürftige verschenkt. Damit war
auch geklärt, weshalb bei seinem Begräbnis Menschen zu sehen waren, die üblicherweise den letzten Weg eines Universitätsprofessors nicht begleiten.
Autor: Gerhard Streminger


reihe Außereuropäische Philosophie
Interkulturelles Philosophieren?
Die seit circa 200 Jahren bestehende wirtschaftliche und politische Dominanz Westeuropas hat es auch auf dem Gebiet der Philosophie mit sich gebracht, dass Philosophie gemeinhin als „abendländisch“ betrachtet wird, und das nicht nur in Europa und Nordamerika. Ähnlich wie das weibliche Denken wurden nichteuropäische Philosophien als nicht existent betrachtet und aus dem philosophischen Diskurs ausgeschlossen. Aber es ist plötzlich „in“, das interkulturelle Philosophieren. Im Zeitalter der Globalisierung gibt man sich gerne polyglott…
Autorin: Anke Graneß


pro & contra Körperwelten
Haben Tote Würde?
Eine Leiche ist ein wertindifferentes Faktum, eben tote Materie, deren Würde erst im Umgang der Menschen mit ihr entsteht. Ein Leichnam wird bestattet, eines Verstorbenen wird gedacht. Die Moraltherapeuten unserer Zeit sollten aufhören, die Bürger durch fürsorgliche Entmündigung zu kulturpolitischen Pflegefällen machen zu wollen.
Autor: Franz Josef Wetz

Zur Kölner Ausstellung „Körperwelten“
Der Leichnam ist bei von Hagens zum Arbeitsmaterial geworden, Marmor oder Farbe gleich. Für Montaigne war der Tod „ein Stück der Ordnung des Weltalls“. Gunther von Hagens geht es eher darum, mit Unsterblichkeitsfantasien den Tod zu kaschieren.
Autor: Klaus Bergdolt